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Bremsen

Wer mit dem Velo unterwegs ist will zügig und mit möglichst geringem Kraftaufwand vorwärtskommen. Genau so schnell und sicher soll das Gefährt jedoch auch wieder zum Stillstand kommen, wenn es die Situation erfordert. Gute Bremsen sind mir deshalb fast das wichtigste an meinem Velo. Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen Systemen, die je nach Einsatzzweck bevorzugt zum Einsatz kommen. In der folgenden Übersicht möchte ich dir einen Überblick über die verschiedenen Systeme geben.
 

Scheiben- oder Felgenbremsen?


Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, sie ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, aber der Reihe nach.

Bei Felgenbremsen sind drei Typen gebräuchlich, welche bei unterschiedlichen Einsatzzwecken verwendet werden. Bei allen hier beschriebenen Systemen werden zwei gegenüberliegende Bremsbeläge aus Gummi auf die Bremsflanke der Felge gepresst und so die Geschwindigkeit verzögert. Die Bremsschuhe und die Felge sind systembedingt Verschleissteile. Während Erstere einfach und günstig zu ersetzen sind, ist der Austausch einer Felge eine grössere Reparatur.

Bei den Scheibenbremsen unterscheiden wir zwischen hydraulischen und mechanischen Systemen. Bei beiden Systemen wird eine Bremsscheibe auf die dafür speziell gebaute Nabe geschraubt. Die Bremszange umschliesst einen kleinen Teil der Bremsscheibe. Betätigen wir die Bremse, werden die beiden Beläge an die Scheibe gepresst und das Velo verzögert. Die Bremsscheibe und die Beläge sind Verschleissteile und müssen regelmässig ersetzt werden.

Bei Seitenzugbremsen wird eine zweiteilige Bremszange durch einen zentralen Befestigungsbolzen an der Gabelbrücke bzw. am Bremsbolzen befestigt. Dieser Bremstyp ist an älteren Velos sehr verbreite. Konstruktionsbedingt ergeben sich folgende Nachteile, je länger die Bremszange wird, desto schwächer wird die Bremsleistung. Lange Bremszangen sind an Velos nötig die mit breiteren Reifen und Schutzblechen ausgestattet sind. Durch die asymmetrische Ansteuerung ist oft auch der Kontakt der Bremsbeläge mit der Felge einseitig.

Seitenzug Bremsen kommen heute praktisch nur noch am Rennvelo zum Einsatz, hier können die Bremsarme kurz gehalten werden, da die Reifen schmal ( max 28mm ) und Schutzbleche nicht vorhanden sind. Das Problem der Asymmetrie wird durch eine Zweigelenk (Dual Pivot) Konstruktion gelöst, so lassen sich moderne Rennvelobremsen präzise justieren und die Bremskraft lässt sich fein dosieren. Durch die schlanke Konstruktion ist dieser Bremstyp zudem sehr aerodynamisch.

Bei der Cantilever Bremse sind zwei Bremsarme jeweils auf einem Sockel, welche am Rahmen bzw. an der Gabel befestigt sind, angebracht. Die beiden Bremsarme sind mit einem dreiecksförmigen Kabelzug verbunden. Die Ansteuerung erfolgt in der Regel über ein Verbindungsstück, welches den Bremszug mit dem Querzug verbindet.

Die Cantilever Bremse wurde vor dem 2. Weltkrieg entwickelt und kam damals vorwiegend bei Randonneueren mit Schutzblechen und breiten Reifen zum Einsatz. Eine grosse Verbreitung fand sie mit dem Aufkommen des Moutainbikes. Heute wird sie vorwiegend an Cyclocross Velos und Randoneuren eingesetzt.
Vorteile:

  • Cantileverbremsen bieten viel Platz für Reifen und Schutzbleche.
  • Die Bremse ist mit ca. 150g sehr leicht.
  • Die Mechanik ist einfach und robust.
  • Die Bremskraft ist gut zu dosieren.
  • Sie ist gut mit Rennvelobremsgriffen kombinierbar.
  • Die Bremse lässt sich unterwegs einfach reparieren.

Nachteile:

  • Bei Nasser Witterung ist die Bremskraft geringer.
  • Je nach Konstruktion ist das Einstellen der Bremsbeläge schwierig.
  • Ist die Federspannung nicht getrennt justierbar, neigt die Bremse zu asymmetrischem Felgenkontakt.
  • Auf Reisen sollte nebst einem Ersatz Bremszug auch ein Querzug mitgeführt werden.
  • Es ist ein Anschlagpunkt für die Bremszughülle notwendig.

Die V- oder DirectPull Brake ist eine Abwandlung der Cantileverbremse. Sie wird auf denselben Sockeln am Rahmen bzw. an der Gabel befestigt. Die Bremsarme sind länger, dadurch wird die Bremskraft höher. Die Ansteuerung erfolgt über einen Rohrbogen, welcher als Anschlagpunkt für die Bremszughülle dient. Der Bremszug selbst verläuft horizontal zum gegenüberliegenden Bremsarm. Durch die gegenüber herkömmlichen Felgenbremsen veränderte Übersetzung sind speziell angepasste Bremshebel notwendig. Direct Pull Bremsen sind die zurzeit am häufigsten eingesetzte Felgenbremse.

Vorteile:

  • Hohe Bremskraft.
  • Die Bremse ist mit ca 150g sehr leicht.
  • Die Mechanik ist einfach und robust.
  • Die Bremse lässt sich unterwegs gut reparieren oder ersetzen.
  • Anschlagpunkte für die Bremskabelhülle sowie der Querzug entfallen.

Nachteile:

  • Bei Nasser Witterung ist die Bremskraft geringer.
  • Der Verschleiss von Bremsbelägen bei nasser Witterung ist höher als bei anderen Felgenbremsen.
  • Sind nur in Kombination mit Adaptern mit Rennbremshebeln kombinierbar.

Bei mechanischen Scheibenbremsen wird die Bremskraft durch einen herkömmlichen Seilzug zur Bremszange übertragen. In den meisten Fällen wird lediglich der äussere Kolben betätigt, der innere Kolben ist fix. Wir die Bremse betätigt drückt der äussere Kolben gegen die Bremsscheibe und verbiegt diese leicht, bis sie zwischen den beiden Belägen festgeklemmt wird. Um diese Biegung, welche auch eine Verminderung der Bremskraft mit sich bring, möglichst gering zu halten, ist es wichtig, den Bremssattel sorgfältig zu justieren.

Vorteile:

  • Die Bremsleistung ist bei jeder Witterung nahezu unverändert.
  • Bei einem Defekt lässt sich der Bremszug mit einfachen Werkzeugen und einem handelsüblichen Bremskabeln einfach reparieren.

Nachteile:

  • Es passen lediglich die Bremsbeläge einer bestimmten Bauform in die Bremszange, Reisenden empfehle ich deshalb, Ersatzbeläge mitzunehmen.
  • Die Abnützung der Bremsbeläge muss manuell nachjustiert werden. Bei Modellen mit nur einem beweglichen Kolben muss zusätzlich der fixe Kolben nachjustiert werden.
  • Die Bremskraft ist geringer als bei Hydraulischen Scheibenbremsen

Bei hydraulischen Scheibenbremsen wird die Bremskraft durch eine mit Öl befüllte Leitung zu den Kolben in der Bremszange übertragen. Da, anders als bei einem Seilzug, keine Reibung zwischen Zug und Hülle entsteht, ist die Handkraft geringer und die Bremse lässt sich in der Regel feiner dossieren.

Die Vorteile:

  • Die Handkraft ist geringer und lässt sich in der Regel besser dossieren, der Druckpunk ist klar definiert.
  • Die Bremsleistung ist bei jeder Witterung nahezu unverändert.
  • Die Abnützung der Beläge wird automatisch kompensiert, dadurch ist der Weg am Bremshebel stehts gleichbleibend.
  • Da die Kraftübertragung durch ein geschlossenes Hydrauliksystem erfolgt, kann kein Seilzug verschleissen und dadurch den Kraftaufwand erhöhen.

Die Nachteile:

  • Für Reparaturen sind oft Spezialwerkzeuge und Fachwissen erforderlich, welche in einer guten Werkstatt zu finden sind. Auf Reisen in fernen Kontinenten kann dies jedoch schnell zu einem Problem werden.
  • Es passen lediglich die Bremsbeläge einer bestimmten Bauform in die Bremszange, Reisenden empfehle ich deshalb, Ersatzbeläge mitzunehmen.
  • Wird die Bremse, etwa durch langes Dauerbremsen überhitzt, kann ein Fading auftreten. Dabei entstehen im Ölkreislauf Dampfblasen, welche die Bremskraft deutlich verringern und im Extremfall zu einem Versagen der Bremse führen können.